PD Dr. Christoph Lutter // Universitätsmedizin Rostock

Eine neue Methode zur vollautomatischen Messung des Prothesenabriebs in der Knie-Totalendoprothetik (TKA)

Herausforderung

Klinisch verfügbare Methoden zur Messung des Prothesenabriebs sind ungenau, invasiv oder erfordern spezielle Geräte.  

Lösung

RAYLYTIC hat in Zusammenarbeit mit PD Dr. Christoph Lutter eine Methode zur vollautomatischen Messung des Abriebs in der Knie-Totalendoprothese (TKA) entwickelt.  

Ergebnisse

Die Präzision und Genauigkeit der neu entwickelten Methode sind vergleichbar mit dem derzeitigen Goldstandard für die Abriebmessung, der radiostereometrischen Analyse (RSA). Außerdem erfordert die Methode keinen zusätzlichen Aufwand und kann zur retrospektiven Auswertung vorhandener Röntgenbilder verwendet werden.   

Auszug

Das Forschungs- und Entwicklungsteam von RAYLYTIC hat in Zusammenarbeit mit PD Dr. Christoph Lutter, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und klinischer Leiter der Sektion Sportorthopädie an der Klinik und Poliklinik für Orthopädie der Universitätsmedizin Rostock, eine Methode zur automatischen Messung von Abrieb und Komponentenposition bei TKA anhand herkömmlicher klinischer Röntgenbilder entwickelt.   

Herausforderung: Mangel an klinisch verfügbaren Methoden zur Messung des Prothesenabriebs

Der Abrieb ist ein entscheidender Faktor für die Lebensdauer von Endoprothesen, doch gibt es keine spezielle klinische Technik, um ihn präzise und nicht-invasiv zu messen.   

Die wenigen klinischen Methoden, die es für die Messung des Abriebs gibt, weisen erhebliche Einschränkungen auf. Einerseits ist die Computertomographie nicht präzise genug. Andererseits erfordert die RSA, der derzeitige Goldstandard für die Messung des Abriebs, eine spezielle Geräteausstattung, wodurch sie auf wenige klinische Standorte und kleine Patientenkohorten beschränkt ist. In einigen Fällen setzt die RSA die Implantation spezifischer Tantal-Markierungskügelchen voraus, um Positionsänderungen der Implantatkomponenten zueinander festzustellen.  

Beide Methoden verlangen, dass sich die Patienten bei der Aufnahme der Röntgenbilder in einer horizontalen Position befinden, was laut PD Dr. Lutter ein weiterer Nachteil ist. Diese Position, in der die Knie nicht belastet wird, entspricht nicht den alltäglichen Bedingungen, denen das Implantat ausgesetzt ist.   

Die klinische Bedeutung des Prothesenabriebs

Der Prosthesenabrieb ist ein wichtiger Faktor, der die Langlebigkeit von Gelenkprothesen beeinflusst. Im Laufe der Zeit können Veränderungen in der räumlichen Orientierung und der relativen Positionierung der Tibia- und Femurkomponenten bei TKA dazu führen, dass sie an der Polyethyleneinlage schleifen, die sie voneinander trennt. In diesem Fall können bei jeder Gelenkbewegung mikropartikuläre Ablagerungen entstehen.   

Die Ansammlung dieser Ablagerungen kann schwerwiegende Folgen für die Patienten haben. Sie kann zu einer aseptischen Lockerung – einer der Hauptursachen für Revisionsoperationen – und in extremen Fällen zum völligen Versagen der Prothese führen.   

Für Patienten und Ärzte ist es von entscheidender Bedeutung, Abriebserscheinungen im Frühstadium zu erkennen, um Komplikationen, zusätzliche Krankenhausaufenthalte und Sicherheitsrisiken zu vermeiden. Dr. Lutter erklärte, dass die Information der Patienten über das Abriebverhalten dazu beitragen kann, das Fortschreiten des Abriebs zu verlangsamen: „Mit Informationen über den Abrieb können die Patienten ihren Lebensstil entsprechend anpassen, indem sie zum Beispiel intensive sportliche Aktivitäten reduzieren.“   

Lösung: Eine Methode zur vollautomatischen Messung des Prothesenabriebs anhand klinischer Standard-Röntgenbilder

Angesichts der Risiken, die der Abrieb für die Langlebigkeit der Prothese und die Patientensicherheit darstellt, wollte PD Dr. Lutter zusammen mit dem Forschungs- und Entwicklungsteam von RAYLYTIC verstehen, in welchem Umfang Knieimplantate Abriebsverhalten aufweisen. Zu diesem Zweck wollten sie eine weitgehend KI-basierte Methode zur vollautomatischen Messung des Prothesenabriebs entwickeln. 

Die Forschergruppe analysierte postoperative anteroposteriore Standard-Röntgenbilder von TKA in einer Kohorte von 20 Patienten mit einer Kombination aus zwei Techniken: einem auf einem Faltungsneuronalen Netzwerk (CNN) basierenden Algorithmus und einer 2D-3D-Registrierungsmethode.  

Der CNN-Algorithmus segmentiert zunächst die relevanten anatomischen Strukturen und identifiziert die Position des Implantats auf dem aktuellen Röntgenbild. Anschließend verwendet RAYMATCH, ein von RAYLYTIC entwickeltes 2D-3D-Registrierungsverfahren, die vom Implantathersteller bereitgestellten CAD-Modelle, um die Position und Ausrichtung der prothetischen Komponenten in standardmäßigen anteroposterioren Röntgenbildern automatisch zu bestimmen.1

Ergebnisse

Erstaunlich präzise Messungen

In dieser Studie berechnete die vollautomatische Methode die Position der Implantatkomponenten mit einer Genauigkeit von 0,002 mm. Obwohl der Algorithmus nur bei einer begrenzten Anzahl von Patientenröntgenbildern angewandt wurde, zeigte er dennoch eineextrem hohe Messgenauigkeit und Präzision„, so Dr. Lutter.   

Automated assessment of knee implant wear and relative implant positioning
Fig. 1: (A): Standard-AP-Röntgenbild; (B): Segmentation und Lokalisierung von Implantatkomponenten; (C-E): Bestimmung der dreidimensionalen Implantatposition; (F): Bestimmung des Mindestkomponentenabstandes
Potenzielle Anwendung in verschiedenen Bereichen

Für die klinische Praxis ist der Algorithmus vielversprechend, denn er beschleunigt die Bewertung des Implantatabriebs, erspart Ärzten und Patienten zusätzliche Eingriffe und erleichtert die Früherkennung.   

Die Studie unterstützt auch die Verwendung des Algorithmus für Forschungszwecke, wie die Analyse großer Datensätze in Patienten- und Geräteregistern. Im Gegensatz zu RSA und Computertomographie erfordert die hier vorgestellte Methode keine neuen Röntgenaufnahmen, sondern kann retrospektiv auf vorhandene Bildgebungsdaten angewendet werden, was sie leicht skalierbar und „potenziell auf andere Arten von Gelenkimplantaten anwendbar“ macht, fügte Dr. Lutter hinzu.   

Für die Hersteller von Implantaten ist die Identifizierung und Bewertung des Abriebs ein entscheidender Teil der post-market Überwachungsaktivitäten. Da sich die Implantatmaterialien und -designs ständig weiterentwickeln, benötigen die Implantathersteller zunehmend eine effiziente Methode zur Bewertung der Implantatleistung in großen Patientenkohorten.   

Durch die Verwendung von klinischen Standard-Röntgenbildern ist die hier entwickelte Methode ein bedeutender Schritt in Richtung einer skalierbaren, kosteneffizienten und äußerst präzisen Abriebsbestimmung. 

Anerkennung in der internationalen wissenschaftlichen Community

Die Ergebnisse der Studie wurden auf dem Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) 2021 vorgestellt und für den Wilhelm-Roux-Preis nominiert. Mit diesem Preis wird der beste Vortrag im Bereich der Grundlagenforschung auf dem Kongress ausgezeichnet, der durch eine enge Zusammenarbeit mit den Gremien der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) gemeinsame forschungspolitische Inhalte definieren soll.

 1. Haversath, M., Klebingat, S., die VITAS-Gruppe. et al. Abriebanalyse mit virtuellen CAD-basierten Röntgenaufnahmen in der EndoprothetikOrthopädie 47, 811–819 (2018). 

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