Oswestry Disability Index (ODI)

Schmerz- und Funktionsbeurteilung im unteren Rückenbereich

Der Oswestry Disability Index (ODI) ist ein Fragebogen zur Beurteilung von Schmerzen im unteren Rückenbereich. Er ist eines der gebräuchlichsten validierten Instrumente zur Messung von lumbalen Rückenproblemen und wurde bereits bei Patienten mit Wirbelsäulendeformitäten sowie bei Patientengruppen mit degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen wie der lumbalen Spinalkanalstenose eingesetzt.

Die Elemente des Fragebogens erfassen Defizite in der körperlichen und sozialen Funktionsfähigkeit sowie Schmerzen im Alltag und Beeinträchtigungen bei Funktionen des täglichen Lebens. Im Vergleich zum Roland Morris Disability Questionnaire (RMDQ), einem anderen Fragebogen zur Erfassung von Kreuzschmerzen, ist der ODI bei Patienten mit länger anhaltenden und schwereren Symptomen aussagekräftiger, währenddessen der RMDQ Vorteile bei leichten bis mittleren Einschränkungen hat 1.

Indikationen

Der Fragebogen wurde entwickelt, um den Einfluss von Schmerzen und Funktionseinschränkungen im unteren Rücken auf die Lebensqualität von Patienten zu beurteilen.

Das Instrument wurde bereits bei einer Vielzahl von Rückenproblemen eingesetzt, z. B. bei Patientengruppen mit symptomatischen degenerativen Bandscheibenerkrankungen 2, lumbaler Spinalkanalstenose 3 4, Spinalkanalstenose aufgrund von Metastasen 5, Wirbelsäulendeformitäten bei Erwachsenen 6 und Neuropathie nach fehlgeschlagenen Rückenoperationen 7.

Items - Dimensionen - Bearbeitungszeit

Es müssen 10 Fragen mit jeweils einer von sechs Antwortmöglichkeiten beantwortet werden. Der Umfang der Fragen umfasst körperliche Parameter (Heben, Gehen, Sitzen, Stehen, Schlafen) sowie Schmerzen, Funktionsfähigkeit im Alltag (Körperpflege, Sexualleben, Reisen) und Aspekte der sozialen Funktionsfähigkeit. 8 Verschiedene Recherchen haben gezeigt, dass das Ausfüllen des Fragebogens im Durchschnitt 5 Minuten dauert. 9 10

Score-Berechnung

Die Antworten jeder Frage sind mit einer Punktzahl von 0 bis 5 verbunden, so dass die maximale Punktzahl pro Frage 5 beträgt. Alle Fragen werden nach diesem System bewertet. Nachdem alle Fragen beantwortet wurden, wird der ODI-Score wie folgt berechnet:

 

(Summe aller Punkte der Antworten / höchstmögliche Gesamtpunktzahl) x 100%

Beispiel: (16 erreichte Punkte / 50) x 100% = 32%

Wenn eine Frage ausgelassen wird oder nicht eindeutig beantwortet wurde, ist die höchstmögliche Punktzahl 45 statt 50. Der Gesamtscore ist immer ein Prozentsatz, so dass Fragebögen mit fehlenden oder übersprungenen Fragen trotzdem vergleichbar ausgewertet werden können.

Interpretation

Je niedriger der Score, desto besser ist der Gesundheitszustand des Patienten.

0%–20%: minimale Beeinträchtigung: Der Patient kann die meisten Lebensaktivitäten gut bewältigen. In der Regel ist keine Behandlung angezeigt, abgesehen von Ratschlägen zur Optimierung der Bewegung im Alltag.

21%–40%: mäßige Beeinträchtigung: Der Patient hat mehr Schmerzen und Schwierigkeiten beim Sitzen, Heben und Stehen. Reisen und soziales Leben sind schwieriger und eine Arbeitsunfähigkeit kann vorliegen. Körperpflege, sexuelle Aktivität und Schlaf sind nicht stark beeinträchtigt und der Patient kann in der Regel mit konservativen Mitteln behandelt werden.

41%–60%: schwere Beeinträchtigung: In dieser Gruppe ist der Schmerz das Hauptproblem, auch die Aktivitäten des täglichen Lebens sind beeinträchtigt. Der Patient benötigt eine detaillierte Untersuchung.

61%–80%: invalide: Der Rückenschmerz beeinträchtigt alle Aspekte des Lebens des Patienten. Eine positive Intervention ist erforderlich.

81%–100%: Dieser Patient ist entweder bettlägerig oder übertreibt seine/ihre Symptome.

Der ODI ist in verschiedenen Sprachen validiert 11 12 13 14 15. Es existieren verschiedene Versionen: Version 2.1b ist die aktuellste Version, verfügbar in englischer Sprache, und wird vom Rechteinhaber zur Verwendung empfohlen. Übersetzungen in andere Sprachen sind in der Version 2.1a verfügbar. Sie werden demnächst auf die Version 2.1b aktualisiert.
MAPI Research Trust (Lyon, Frankreich) 16 17

Für Studenten, Ärzte, nicht-finanzierte akademische Nutzer und für die klinische Routine gibt es einen direkten und kostenfreien Zugang zum Fragebogen und den verfügbaren Übersetzungen.

Für finanzierte akademische Nutzer, Organisationen des Gesundheitswesens, kommerzielle Nutzer und IT-Unternehmen können Gebühren anfallen und es muss eine Lizenzvereinbarung getroffen werden. 18

Der ODI ist schnell zu beantworten, und die Interpretation der Ergebnisse ist intuitiv und einfach. Darüber hinaus genießt das Instrument eine breite internationale Akzeptanz und gilt als einer der am häufigsten verwendeten Fragebögen bei Schmerzen im unteren Rückenbereich. Im Vergleich zum RMDQ weist er tendenziell höhere Punktzahlen auf, was darauf schließen lässt, dass der ODI besser für Situationen geeignet ist, in denen die Patienten stärker beeinträchtigt sind. 1
Patienten mit leichter oder mittlerer Beeinträchtigung passen nicht so gut in das Fragebogensetting wie solche mit schwerer Beeinträchtigung. Es konnte gezeigt werden, dass viele Patienten die Frage 8 (Sexualleben) auslassen 19. Außerdem ist die Bewertung der psychischen Gesundheit nicht im ODI enthalten.

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Referenzen

  1. Roland, Martin, and Jeremy Fairbank. „The Roland–Morris disability questionnaire and the Oswestry disability questionnaire.“ Spine 25.24 (2000): 3115-3124.
  2. Siepe, Christoph J., et al. „Influence of lumbar intervertebral disc degeneration on the outcome of total lumbar disc replacement: a prospective clinical, histological, X-ray and MRI investigation.“ European Spine Journal 21.11 (2012): 2287-2299.
  3. Weinstein, James N., et al. „Surgical versus nonsurgical therapy for lumbar spinal stenosis.“ New England Journal of Medicine 358.8 (2008): 794-810.
  4. Sirvanci, Mustafa, et al. „Degenerative lumbar spinal stenosis: correlation with Oswestry Disability Index and MR imaging.“ European spine journal 17.5 (2008): 679-685.
  5. Fehlings, Michael G., et al. „Survival and clinical outcomes in surgically treated patients with metastatic epidural spinal cord compression: results of the prospective multicenter AOSpine study.“ Journal of Clinical Oncology 34.3 (2016): 268-276.
  6. Schwab, Frank J., et al. „Radiographical spinopelvic parameters and disability in the setting of adult spinal deformity: a prospective multicenter analysis.“ Spine 38.13 (2013): E803-E812.
  7. Kumar, Krishna, et al. „Spinal cord stimulation versus conventional medical management for neuropathic pain: a multicentre randomised controlled trial in patients with failed back surgery syndrome.“ Pain 132.1-2 (2007): 179-188.
  8. Fairbank, Jeremy CT, and Paul B. Pynsent. „The Oswestry disability index.“ Spine 25.22 (2000): 2940-2953.
  9. Vianin, Michael. „Psychometric properties and clinical usefulness of the Oswestry Disability Index.“ Journal of chiropractic medicine 7.4 (2008): 161-163.
  10. Davidson, Megan, and Jennifer Keating. „Oswestry disability questionnaire (ODQ).“ Aust J Physiother 51.4 (2005): 270.
  11. Monticone, Marco, et al. „Development of the Italian version of the Oswestry Disability Index (ODI-I): A cross-cultural adaptation, reliability, and validity study.“ Spine 34.19 (2009): 2090-2095.
  12. van Hooff, Miranda L., et al. „The Oswestry Disability Index (version 2.1 a): validation of a Dutch language version.“ Spine 40.2 (2015): E83-E90.
  13. Denis, Isabelle, and Luc Fortin. „Development of a French-Canadian version of the Oswestry Disability Index: cross-cultural adaptation and validation.“ Spine 37.7 (2012): E439-E444.
  14. Chow, Jonathan HW, and Chetwyn CH Chan. „Validation of the Chinese version of the Oswestry Disability Index.“ Work 25.4 (2005): 307-314.
  15. Mannion, A. F., et al. „Development of a German version of the Oswestry Disability Index. Part 1: cross-cultural adaptation, reliability, and validity.“ European spine journal 15.1 (2006): 55-65.
  16. https://mapi-trust.org/pro_newsletter/the-oswestry-disability-index/
  17. https://mapi-trust.org/questionnaires/odi/
  18. https://eprovide.mapi-trust.org/instruments/oswestry-disability-index
  19. Denteneer, Lenie, et al. „The modified low back pain disability questionnaire: reliability, validity, and responsiveness of a Dutch language version.“ Spine 43.5 (2018): E292-E298.

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